Die Immobilienwirtschaft brummt weiter: Nach vorläufigen Ergebnissen wurden im vergangenen Jahr 61,1 Milliarden Euro umgesetzt, ein Anstieg um 5,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bei Wohnimmobilien wirkten Baukindergeld und Sonder-AfA als Preistreiber, wie der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) mitteilt.
Der größte Teil des investierten Kapitals floss mit 47,1 Prozent erneut in das Segment der Büroimmobilien, so der ZIA weiter. Die Ergebnisse stammen aus dem Frühjahrsgutachten 2019 des Rats der Immobilienweisen, das der ZIA in Auftrag gegeben und heute an Marco Wanderwitz, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, übergeben hat.
Wohnungsmarkt: Miet- und Kaufpreise weiter gestiegen
Der deutsche Wohnungsmarkt ist laut der Untersuchung weiter von steigenden Miet- und Kaufpreisen gekennzeichnet. Deutschlandweit habe sich die mittlere Neuvertragsmiete innerhalb eines Jahres um 3,9 Prozent auf 7,06 Euro pro Quadratmeter erhöht, besonders starke Preissteigerungen gab es demnach in den A-Städten.
Auch die Angebotskaufpreise haben an diesen Standorten weiter angezogen – bei Ein- und Zweifamilienhäuser um 7,6 Prozent auf rund 2.455 Euro pro Quadratmeter, bei Eigentumswohnungen um 8,2 Prozent auf 1.875 Euro pro Quadratmeter. Den größten Preiszuwachs verzeichnete laut ZIA im vergangenen Jahr Berlin mit 15,2 Prozent.
Baukindergeld und Sonder-AfA wirken preistreibend
Als Preistreiber identifiziert das Frühjahrsgutachten des ZIA insbesondere das Baukindergeld sowie die Sonder-AfA
Die Zahlen seien Ausdruck dafür, dass sich die Lage auf vielen deutschen Wohnungsmärkten weiter anspannt, sagt Dr. Andreas Mattner, Präsident des ZIA.
"Die Anstiege sind das Ergebnis eines weiterhin zu knappen Wohnungsangebots. Die Politik setzt die falschen Signale statt die richtigen Anreize." Dr. Andreas Mattner, Präsident des ZIA
Der Neubau werde in Deutschland "völlig vernachlässigt", so Mattner weiter.
Prof. Dr. Dr. Lars P. Feld von der Universität Freiburg, einer der Immobilienweisen, die die Studie für den ZIA erstellt haben, hat im Rahmen des aktuellen Frühjahrsgutachtens die gesamtwirtschaftliche Entwicklung analysiert. Eine der Hauptursachen für die steigenden Preise und Mieten im Wohnungssegment liegt demnach in der kräftigen Nachfrage nach Wohnraum. Angebotsseitige Kapazitätseinschränkungen und fehlendes Bauland würden den Nachfrageüberhang zusehends vergrößern. Preistreibend wirkten auch das Baukindergeld und die Sonder-AfA.
"Auswertungen des sozio-ökonomischen Panels zeigen, dass viele Familien Baukindergeld erhalten, die darauf nicht angewiesen wären, während die eigentlichen Probleme – geringes Kapital gepaart mit hohen Erwerbsnebenkosten – für Haushalte mit geringeren Einkommen fortbestehen." Prof. Dr. Dr. Lars P. Feld von der Universität Freiburg im Frühjahrsgutachten
Auch die von der Bundesregierung eingeführte Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau führe durch die stimulierte Nachfrage, die entsteht, wenn Immobilieninvestitionen in den zeitlich befristeten Förderzeitraum vorgezogen werden, zu weiteren Preissteigerungen.
Büroimmobilien: Unternehmensabwanderungen drohen
Auch 2018 wurde laut ZIA im Bereich der Wirtschaftsimmobilien am stärksten in Büroimmobilien investiert. Im Vergleich zum Vorjahr stieg das in Büroobjekte investierte Kapital um 18 Prozent auf rund 28,8 Milliarden Euro (2017: 24,4 Milliarden Euro). Die Leerstandsquote sei dagegen weiter gesunken. Allein in den A-Standorten reduzierte sich das Büroflächenangebot 2018 um fast 570.000 Quadratmeter Mietfläche auf eine Leerstandsrate von 3,4 Prozent. Mittlerweile herrsche in 35 Büromärkten in Deutschland mit einer Leerstandsrate von 3 Prozent quasi Vollvermietung.
Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter der Bulwiengesa AG, der im Frühjahrsgutachten die Entwicklung der Büro-, Unternehmens-, Logistik- und Hotelimmobilien analysiert hat, geht von einem anhaltenden Trend aus:
"Die Situation in den Städten mit sehr geringen Angebotsvolumen dürfte sich 2019 noch stärker zuspitzen und es müssen an einigen Standorten Unternehmensabwanderungen in Kauf genommen werden." Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter der Bulwiengesa AG
Pflegeimmobilien: Bedarf steigt rasant
Nicht nur im Wohnungsbau, auch bei Pflegeimmobilien zeichnet sich ein steigender Bedarf ab
Auch bei den Pflegeimmobilien hinkt das Angebot der steigenden Nachfrage hinterher.
"Bleiben die Fertigstellungen weiterhin auf dem niedrigen Niveau der letzten Jahre, so reicht der Angebotszuwachs bis 2030 bei weitem nicht aus, um den zusätzlichen Bedarf zu decken." Prof. Harald Simons, Vorstand der Empirica AG
Der Markt für vollstationäre Pflege zeige darüber hinaus gravierende regionale Unterschiede auf, so Simons weiter.
Einzelhandel: Durchschnittliches Jahr
Der Einzelhandelsinvestmentmarkt blickt laut ZIA in Bezug auf das Transaktionsvolumen auf ein insgesamt nur durchschnittliches Jahr 2018 zurück, auch durch den E-Commerce gibt es zunehmend Veränderungen. Mit einem Volumen von etwa 10,5 Milliarden Euro lag das Ergebnis demnach zwar noch leicht über dem langjährigen Mittel, aber mehr als ein Viertel unter dem Vorjahreswert. Die Summe der Verkaufsflächen sei wie in den Jahren zuvor erneut leicht angestiegen und liege zum Jahresende 2018 bei rund 119,8 Millionen Quadratmeter. Im Vorjahresvergleich entspreche dies einem geringen Zuwachs von 0,6 Prozent. Für das Jahr 2019 zeichne sich eine etwa gleichbleibende Marktentwicklung ab.
Logistikimmobilien: Flächen werden knapp
Logistikimmobilien entwickeln sich laut ZIA auf dem Immobilienmarkt weiter als starke Assetklasse. Nach den Rekordergebnissen im Jahr 2017 hinsichtlich Fertigstellungen und Investmentvolumen habe sich in diesem Jahr allerdings ein Mangel an verfügbaren Objekten auf dem Markt bemerkbar gemacht. Ebenso fehlten Grundstücke für weitere Bautätigkeit. Für das Jahr 2018 wurde erstmals seit 2015 wieder ein Rückgang des Flächenneuzugangs auf 3,9 Millionen Quadratmeter verzeichnet – nach 4,6 Millionen Quadratmeter im Vorjahr. Auch das Investmentvolumen war demnach seit langem erstmals rückläufig und lag 2018 bei 3,9 Milliarden Euro (2017: 5,9 Milliarden Euro).
Hotelmarkt: A-Städte brauchen 80.000 zusätzliche Hotelbetten
Einen Immobilienmarkt mit bislang nur geringen Grundstücksproblemen befeuert der positive deutsche Fremdenverkehr. Nach vorläufigen Hochrechnungen stieg die Anzahl der Ankünfte im deutschen Beherbergungsgewerbe 2018 nach Angaben des ZIA um 3,8 Prozent auf etwa 185,1 Millionen und die Anzahl der Übernachtungen um 3,9 Prozent auf rund 477,6 Millionen an. Diese Zuwachsraten stellten einen neuen Rekordwert dar. Mit 32,6 Millionen Übernachtungen beweise insbesondere Berlin seine hohe touristische Anziehungskraft.
Entsprechend schreitet der Bau neuer Hotels kräftig voran – allein in den sieben deutschen A-Städten beträgt das Projetentwicklungsvolumen laut ZIA rund 1,2 Millionen Quadratmeter. Der Bedarf an zusätzlichen Betten bis 2021 werde auf insgesamt knapp 80.000 Betten prognostiziert.
19.02.2019